Eine Abmahnung kann im Internet fast jeden treffen, aus unterschiedlichsten Gründen und wegen der …
Abmahnung Betriebsratsmitglied
Warnung an BetriebsratsmitgliedBesondere Merkmale der Warnung an Betriebsratsmitglieder
I. Einführung** Kooperation zwischen Unternehmen und Arbeitnehmervertretung manchmal "Haken". Daraus ergibt sich für den Unternehmer die Fragestellung, welche Reaktionsmöglichkeit besteht, wenn Betriebsräte ihre Aufgaben als Betriebsräte und/oder Mitarbeiter missachten. In seiner Resolution vom 09.09.2015 - 7 ABR 69/13 ging das BAG auf eine dieser möglichen Reaktionen ein: die Betriebsverfassungswarnung an ein Betriebsratsmitglied.
Das Besondere an den Betriebsräten ist, dass es zwei unterschiedliche Typen von Warnungen gibt, die individuellen gesetzlichen und die betriebsverfassungsrechtlichen Warnungen. Verstößt ein Betriebsratsmitglied nur wegen eines bestimmten Verhaltens gegen seine Verpflichtungen als Angestellter oder zugleich gegen seine Verpflichtungen als Betriebsratsmitglied, z.B. bei nicht erfolgter Exmatrikulation für Betriebsratstätigkeit, kann eine einzelrechtliche Abmahnung wegen Verstoßes gegen arbeitsvertragliche Verpflichtungen erwogen werden.
Verletzt ein Betriebsratsmitglied die betriebsverfassungsrechtlichen Verpflichtungen, die nicht auch eine Pflichtverletzung aus dem Dienstverhältnis sind, so entscheidet das BAG laufend, dass keine individuelle gesetzliche Abmahnung erfolgt, d.h. nicht die Androhung einer Kündigung für einen erneuten Fall, sondern nur - im Falle eines schwerwiegenden Verstoßes - ein Ausschließungsantrag des Betriebsratsmitgliedes aus dem Gesamtbetriebsrat gemäß 23 Abs. 1 BetrVG oder als Warnung nach dem Betriebsverfassungsgesetz die Bekanntgabe eines solchen Antrages für den erneuten Fall in Erwägung zu ziehen (BAG, Urt. v. 26.01. 1994 - 7 AZR 640/92).
Der Beschluss des BAG vom 09.09.2015 - 7 ABR 69/13 basierte auf einer Warnung an den Vorsitzenden des Betriebsrats, die in seine Akte aufgenommen wurde. Darin wurde angeprangert, dass der Vorsitzende des Betriebsrats gegen den Prinzip der vertrauenswürdigen Kooperation verstößt, indem er die Vereinbarung über den Arbeitnehmerüberlassung beim Auftraggeber per E-Mail an alle Arbeitnehmer des Unternehmens versendet.
Darin hieß es, der Vorsitzende des Betriebsrats sei nur aufgrund seiner Stellung befugt, sich an die Arbeitnehmer des Konzerns zu richten. Jedoch ist er nicht befugt, mit dem Auftraggeber abgeschlossene Unternehmensverträge an Arbeitnehmer außerhalb des Betriebes zu senden. Die Warnung lautet letztlich wörtlich: "Wenn Sie wieder gegen das Gebot der vertrauenswürdigen Kooperation verstossen und sich entsprechend vertragswidrig benehmen, müssen Sie damit rechnen, dass wir Ihren Ausschluß als Betriebsratsmitglied beim Bundesarbeitsgericht verlangen werden (§ 23 BetrVG).
" III. Entscheid des BAG Der Schlusssatz der Warnung war zu viel. Der BAG hat beschlossen, dass der Vorsitzende des Betriebsrats berechtigt ist, die Abmahnung aus seiner Personendatei entfernen zu lassen. Die Inanspruchnahme ergibt sich - wie bei unberechtigten einzelrechtlichen Mahnungen - aus der korrespondierenden Inanspruchnahme der §§ 242, 1004 Abs. 1 S. 1 BGB.
In angemessener Weise können Mitarbeiter in Ausübung der 242, 1004 Abs. 1 S. 1 BGB die Streichung einer ungerechtfertigten Abmahnung aus ihrer Belegschaftsakte fordern. Die Klage liegt vor, wenn die Abmahnung entweder unbefristet ist, unzutreffende Tatsachenaussagen beinhaltet, auf einer falschen juristischen Beurteilung des Verhalten des Mitarbeiters basiert oder gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verstößt, und auch wenn der Arbeitgeber kein schützenswertes Sicherungsinteresse mehr daran hat, sie in der Belegschaftsakte zu behalten, auch wenn eine Abmahnung zu Recht erfolgt ist.
Der BAG hat offen lassen, ob der Vorsitzende des Betriebsrats gegen die betriebsverfassungsrechtlichen Verpflichtungen verstossen hat, indem er die E-Mail an alle Mitarbeitenden des Unternehmens geschickt hat. Wie das BAG mitteilte, musste die Abmahnung aus der Belegschaftsakte des Gesamtbetriebsratsvorsitzenden entfernt werden, weil der Dienstgeber den Verdacht einer Dienstpflichtverletzung mit der Drohung der Beendigung des Dienstverhältnisses sanktionierte.
Die Androhung der Entlassung war vor dem Hintergund, dass keine Pflichtverletzung mit der Abmahnung geahndet worden war, eine falsche juristische Einschätzung des Betriebsratsvorsitzes. Verletzt ein Betriebsratsmitglied ausschliesslich arbeitsverfassungsrechtliche Dienstpflichten, sind nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts Vertragsstrafen wie die Verkündung einer ausserordentlichen Auflösung oder eine individuelle Abmahnung mit möglicher kündigungsrechtlicher Wirkung ausgenommen.
Mit diesem Entscheid hat das BAG endgültig bekräftigt, dass der Verwaltungsrat kein Recht hat, eine ungerechtfertigte Abmahnung aus der Personendatei eines seiner Mitarbeiter entfernen zu lassen. Dies ist ein sehr persönliches Recht, das nur dem betreffenden Betriebsratsmitglied zuerkannt wird. Praktische Hinweise** Soll einem Betriebsratsmitglied die "Gelbe Karte" in Gestalt einer Warnung nach dem Betriebsverfassungsgesetz wegen der Pflichtverletzungen angezeigt werden, ist sicherzustellen, dass die Dienstpflichtverletzung in der Warnung nach Inhalten, ggf. beteiligte Person, Orts- und Zeitangaben exakt wiedergegeben wird.
Der Warnhinweis darf sich nicht auf die rechtliche Beurteilung des Betriebsratsverhaltens durch den Unternehmer beschränk. Ist der Pflichtverstoß in der Feststellung oder Offenlegung von unwahrheitsgemäßen, diffamierenden Vorwürfen über den Auftraggeber begründet, kommt es auf den ursprünglichen Ton der Aussagen und ggf. auf den Verlauf des Gesprächs an. Dem Betriebsratsmitglied - und im Falle einer gerichtlichen Auseinandersetzung - muss klar sein, auf welche Fakten und welche Fakten der Auftraggeber die Warnung exakt aufbaut.
Der Warnhinweis muss ebenfalls angemessen sein und darf letztlich nur mit der Drohung einhergehen, dass das Betriebsratsmitglied mit einem entsprechenden Ausschließungsantrag des Betriebsrats im Falle eines Wiederholungsfalles gerechnet werden muss. Ein Exemplar der Betriebsverfassungswarnung sollte entweder in der Personalkartei des Betriebsrats oder in den für die Mitarbeit und den Schriftverkehr mit dem Gesamtbetriebsrat geführten Unterlagen enthalten sein.